NaturNotizen

Frankfurt LAB 2014

Regie: Simon Möllendorf
Bühnenbild und künstlerische Projektkoordination: Petra Straß
Technik: Matthias Rößler
Licht: Johannes Richter
Aufführungsfotos: Astrid Korntheuer

Schüler lassen Künste auf der Bühne verschmelzen
Sie bauen Skulpturen und bemalen die Bühne, entrollen Papierbahnen und formen sich zu Körperbildern: 100 Achtklässler der IGS Nordend lassen unter dem Motto "Einbrechen Aufbrechen" in ihrer Aufführung bildende Kunst, Tanz, Musik, Literatur und Schauspiel zu einem Gesamtkunstwerk verschmelzen. Die Jugendlichen musizieren, tanzen und tragen selbst verfasste Texte vor. Dabei werden Fragen angesprochen, die nicht nur junge Leute bewegen: Hat die Welt oder habe ich mich verändert? Es vollzieht sich ein Kampf der Gegensätze, der in einer lauten und bunten Parade seine Auflösung findet.
Im "KulturTagJahr" der Altana Kulturstiftung haben die Jugendlichen ein Schuljahr lang jeden Donnerstag mit knapp 60 Profis zusammengearbeitet, darunter Tänzer der Forsythe Company, Schauspieler, Schriftsteller, Musiker und Künstler. Schulleiter Uwe Gehrmann sagt, es sei gut, aus gewohnten Kreisläufen auszubrechen: "Wir können durch den Kulturtag eine intensive Beziehungsarbeit leisten und gemeinsam voneinander lernen."Zum Abschluss präsentieren die Schüler nun ihre Ergebnisse. Anregung für ihre künstlerische Auseinandersetzung bot das Stück "Roi Ubu" von Alfred Jarry.
kats. FAZ 04.07.2014

Auf Augenhöhe mit Forsythe
Lediglich der Farbgeruch verrät, dass gerade noch ein scharlachrotes Bild auf dem Hallenboden zu sehen war. Gemeinsam von Schülern auf eine raumfüllende Folie gemalt – mit Pinseln, Händen und auch mal dem ganzen Körper. Doch das Gemälde liegt bald zusammengeknüllt in der Ecke. Es hat Platz gemacht für eine Parade voll hüpfender Tänzer, bizarrer Skulpturen und begeisterter Musiker.
Das Gegensatzpaar Disziplin und Anarchie steht im Mittelpunkt des Theaterstücks "Einbrechen/Ausbrechen", das am Donnerstag im "Frankfurt LAB" uraufgeführt wurde und sich grob am französischen Theaterstück "Roi Ubu" orientiert. In der Hauptrolle: hundert Achtklässler der IGS Nordend. Im Hintergrund: ein Regisseur, mehrere Lehrer sowie 60 professionelle Künstler aus verschiedenen Kultursparten – etwa Tänzer der Forsythe Company und Musiker des Ensemble Modern. Alle Aufführungen an diesem Wochenende sind bereits ausverkauft.
... "Das war mal etwas ganz anderes", schwärmt die 14-jährige Jasmin von den zurückliegenden rund 40 Kulturtagen. Mit den Künstlern habe man reden und lachen können – auf Augenhöhe und ohne die im Schulalltag sonst übliche Distanz, schildert sie.
Nach einer allgemeinen Einführungsphase mussten sich die Schüler schließlich für Kulturpaare wie Musik-Tanz oder Kunst-Literatur entscheiden. An einen "ganz besonderen Moment" erinnert sich der bildende Künstler Thomas Kohl: Eines donnerstags stand er mit einem Schauspieler und Schülern im Stadtwald, um die Natur künstlerisch zu erkunden. Ein sonst zurückhaltendes Mädchen überraschte plötzlich alle mit "einem aus Ästen und Federn gebauten Elfentempel". An ähnlich intensive Momente erinnert sich auch Bühnenbildnerin Petra Strass. Sie findet es "wahnsinnig, wie sich die Kinder innerhalb kürzester Zeit verändert haben." Begeistert ist auch IGS-Schulleiter Uwe Gehrmann, der gar von einer "sozialen Befriedung" der Jugendlichen durch das Kulturprojekt spricht. Nach einem solchen Jahr seien "alle Hackordnungskämpfe im Jahrgang ausgefochten", ist sich Gehrmann sicher. Anschließend könnten sich die Schüler auf andere Dinge konzentrieren: Aufs Lernen etwa – oder natürlich auf eine jetzt neu entdeckte künstlerische Ader.
Fabian Scheuermann Frankfurter Rundschau 04.07.2014

Schüler präsentieren das Ergebnis des KulturTagJahr
Fast ein Jahr lang haben Schüler der IGS Nordend mit Musikern, Tänzern, Schriftstellern und Schauspielern zusammengearbeitet. Zum Abschluss des Projekts vereinen sich die Künste nun in einer spektakulären Aufführung.
Als Grundlage für die interdisziplinäre Abschlussaufführung, unter der Regie von Simon Möllendorf, dient das Theaterstück "Roi Ubu". Die zentrale Figur des Stücks ist der primitive und machtbesessene König Ubu, dessen Herrschaft durch egozentrische Maßlosigkeit kippt.
... Auf einer Bühne wie in einer Arena zeigen die Schüler ihre eigene Konstruktionen der Welt und ihre Auffassungen von Gruppendynamiken. Sie erläutern den Gegensatz zwischen Kollektiv und Individuum, von Gehorsam und Anarchie. Dabei erobern sie sich den Bühnenraum mit riesigen Skulpturen und Papierbahnen und zerstören ihre eigene Ordnung mit tänzerischem Chaos. Ihre selbstverfassten Texte stellen sie mit viel Körpereinsatz vor. Schauspielerische und musikalische Elemente brechen mehrfach den Ablauf der Aufführung.
... Die Bühnenbildnerin Petra Straß sagt nach mehreren Arbeiten für das KulturTagJahr: "Ich bin immer wieder überrascht wie aufregend die Zusammenarbeit zwischen den Jugendlichen und professionellen Künstlern ist. So viele unterschiedliche Charaktere lernen sich kennen und verstehen, erleben gemeinsam Krisen und den euphorisierenden Erfolg. Diese Form von Arbeit bringt uns näher und birgt Chancen den Jugendlichen einen Zugang zur Kunst zu eröffnen." ...
Vivianne Zerner Journal Frankfurt 04.07.2014

Projekt schafft Raum für Kreativität
... Mit dem Projekt wird nicht nur die Kreativität der Mädchen und Jungen gefördert: Für die Umsetzung ist vor allem Teamwork gefragt, damit bei der Abschlusspräsentation alles klappt. Hiermit wird die vielfältige kreative Arbeit deutlich, die durch die Teilnehmer im Laufe des Schuljahres entwickelt wurden. Außerdem der Disziplinen übergreifende Gedanke, der dem Projekt zugrunde liegt.
Für die Präsentation hat Künstlerin Petra Straß ein eigenes Bühnenbild entworfen und umgesetzt, das in seiner Erscheinung an eine Arena erinnert. Die Sitze der Zuschauer befinden sich oberhalb. Von allen Seiten kann man auf das Geschehen hinabschauen. Die Akteure wiederum haben die Möglichkeit, durch verschiedene Zugänge auf die Bühnenfläche zu gelangen. Es gibt keine starre Kulisse, alles ist ständig in Bewegung. Der Bühnenraum wird so etwa zur Wartehalle im Flughafen oder zur Fläche für Aktionskunst und Tanz. Selbst geschriebene Texte und Musik-Kompositionen werden ebenso in das Geschehen eingebettet wie Kunstobjekte, die vor den Zuschauern gestaltet oder Leinwände, auf denen Farben mit dem eigenen Körper verteilt werden.
Ideen einbringen-Jinnapat und Maike (beide 14 Jahre) haben sich für den Schwerpunkt "Musik-Literatur" entschieden, machen bei der Flughafenszene mit und spielen Geige. Besonders toll fanden die beiden daher auch die viertägige Musikphase in der Landesmusikakademie in Schlitz mit den Musikern des Ensemble Modern und den Stipendiaten der Internationalen Ensemble Modern Akademie. "Es war cool mit den professionellen Musikern zu arbeiten", sagen sie. "Ich fand an dem Projekt gut, dass wir kreativ sein und unsere eigenen Ideen einbringen konnte", betont Jasmin (14). Schlechte Ideen habe es dabei nicht gegeben. Die Gedanken seien aufgegriffen und in der Umsetzung berücksichtigt worden.
Wie viel Kreativität in den Kindern steckt wird in der Aufführung deutlich: Diese lädt zu einer eineinhalbstündige Reise in eine bunte Welt ein, in der sich Fantasie und Realität begegnen.
Alexandra Flieth Frankfurter Neue Presse 04.07.2014