Iwan Wyrypajew – Juli

Theater an der Winkelwiese Zürich 2009

Regie: Stephan Roppel
Kostüme: Petra Straß
Licht: Stefan Marti
Dramaturgie: Fanti Baum
Fotos: Judith Schlosser

Psychogramm des Wahnsinns „Im Juli gibt es keinen Honig. Da ist nichts zu machen, kein Honig und Schluss“, klagt der ältere Mann während seiner Erzählung, wie er sich auf die Suche nach dem Smolensker Irrenhaus machte. Der ältere Mann, das sind auf der Bühne des Theaters an der Winkelwiese die beiden Schauspielerinnen Vivianne Mösli und Franziska Dick, die seinen rabiaten Monolog vortragen.
... Der lakonische Monolog des psychopatischen Serienmörders ist Einblick in die wirre Logik eines Irren. Nicht die Geschichte eines Monsters zeichnete der in Sibirien geborene, heute in Moskau lebende Autor Iwan Wyrypajew mit seinem Stück auf, sondern die Zerrissenheit einer gepeinigten Seele. Die Irrfahrt der Verzweiflung wird dabei zum Rachefeldzug eines „Randständigen“, eines von der Gesellschaft Deformierten. Denn das Psychogramm des Wahnsinnigen entblösst nicht nur seine gespaltene Persönlichkeit, sondern entlarvt auch eine zutiefst gespaltene Gesellschaft.
... Der gesamte Exzess brachialer Gewalt konzentriert sich in der Inszenierung von Stephan Roppel auf den verbal starken Monolog. Der Kunstgriff, diesen von zwei Schauspielerinnen sprechen zu lassen, verdeutlicht zwar die Asymmetrien in der Logik des Wahnsinnigen. Gleichzeitig ist die Reduktion der Inszenierung auf Monolog und karge Bühne eine Herausforderung für die beiden Darstellerinnen, die Konzentration der Zuschauer während der knapp sechzig Minuten halten zu können.
Gina Bucher NZZ 15.Dezember 09

In einem einhalbstündigen Parforceakt bewältigen Franziska Dick und Vivianne Mösli das virtuos verzahnte Textpensum. Was sich zunächst anhört wie eine Publikumsbeschmutzung, wie der Rechtfertigungstrip eines gewalttätigen Jammerlappens, weitet sich nach und nach zum uneindeutigen Vexierbild. Sucht hier eine betörend flirrende Sprache nach psychologisch geschulten Komplizen? Oder ist das der Sound einer durch und durch maroden, von Krieg und Gewalt zerrütteten Gesellschaft? Eine bequeme Auflösung bietet die mutige Inszenierung nicht an.
Monika Burri, Tagesanzeiger, 18. Dezember 2009

"Juli" schildert eine Irrfahrt durch menschliche Bewusstseins-Zustände, phantastisch und albtraumhaft. 
Kaa Linder, Radio DRS2, 15. Dezember 2009